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Für die Interessen der Säge- und Holzindustrie – Interview mit Lars Schmidt und Julia Möbus im Holz-Zentralblatt

21.09.2020

Für die Interessen der Säge und Holzindustrie

Die Verbändelandschaft der Säge- und Holzindustrie in Deutschland hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt: Zwischen zahlreichen regionalen Verbandsstrukturen kam es zu Fusionen und Kooperationen. 2013 entstand durch den Zusammenschluss des Verbands der deutschen Säge- und Holzindustrie (VDS) und des Bundesverband Säge- und Holzindustrie (BSHD) der Deutsche Säge- und Holzindustrie Bundesverband (DeSH). Um die Branchen und Interessenvertretung für die Säge- und Holzindustrie in Berlin, Brüssel und in einzelnen Bundesländern zu stärken, hat der DeSH eine umfangreiche interne Neustrukturierung angestoßen und neben regionalen und fachlichen Strukturen jüngst eine neue Position im Verband geschaffen: Julia Möbus ist seit dem 1. Juli in die DeSH-Geschäftsführung aufgerückt, die sie nun gemeinsam mit Lars Schmidt, dem Hauptgeschäftsführer, verantwortet.

HZ: Den DeSH gibt es nun mehr seit sieben Jahren. In dieser Zeit haben Sie bereits eine umfassende Neustrukturierung gestartet. Was hat sich in den vergangenen Jahren geändert?

Lars Schmidt: Der DeSH ist zwar noch ein junger Verband, der jedoch aus der Zusammenführung gewachsene Strukturen älterer Verbände und neuer Initiativen entstanden ist. Wir sind dabei auf allen Ebenen gewachsen durch neue Mitglieder, Mitarbeiter und eine Erweiterung unseres Leistungsspektrums.

Julia Möbus: Neben der regionalen Ausdehnung ist auch die Themenvielfalt durch die strukturellen Veränderungen in unserer Branche stark angestiegen. Um auf Bundes-, Landes- und europäischer Ebene die Interessen der Säge- und Holzindustrie vertreten zu können und gleichzeitig nah an den Mitgliedern zu sein, brauchten wir effektivere Strukturen. Die haben wir nun geschaffen.

HZ: Was hat sich konkret verändert?

Schmidt: Im Jahr 2017 haben wir die Fusion mit den Bereichen Sägeindustrie, Holzhandel und verwandten Industriezweigen des Verbandes der Holzwirtschaft und Kunststoffverarbeitung Bayern/Thüringen (VHK) angestoßen. Ab 2018 kam die Integration neue Mitglieder aus Baden-Württemberg hinzu. Damit standen wir als Verband vor der Herausforderung, stärker für die Mitglieder auf der Fläche präsent zu sein und gleichzeitig eine größere Themenbreite abzudecken.

Möbus: In den letzten Jahren hat die Sägeindustrie begonnen, ihre Kapazitäten zur Weiterverarbeitung sowie ihre Produktpalette zu erweitern. Damit entstehen natürlich auch neue Themenfelder, die bisher noch nicht auf der Agenda standen. Gleichzeitig hat die Regelungsdichte in vielen Bereichen stark zugenommen. Einerseits kommen viele Vorgaben zu Bauprodukten, Energie, aber auch zur Kreislaufwirtschaft zunehmend aus Brüssel und werden durch nationale Anforderungen bei der Umsetzung ergänzt. Auf der anderen Seite werden Themen, wie Umweltschutz, Waldbewirtschaftung und Bauverordnungen noch in den einzelnen Bundesländern geregelt. Um die Bereiche Mitgliederbetreuung, Fachberatung und Kommunikation bestmöglich abdecken und koordinieren zu können, brauchten wir eine neue, alle Ebenen umfassende, einheitliche Struktur.

HZ: Sie haben gerade ihr umfangreiches Leistungsspektrum benannt. Wie organisiert und strukturiert man das?

Schmidt: Ziel der Umstrukturierung ist es, durch eine systematische Koordination und Abstimmung Prozesse zu verschlanken und unsere Schlagkraft zu steigern. Mit dem Wechsel von Julia Möbus in die Geschäftsführung können wir uns die Aufgaben nun effektiv aufteilen. Darüber hinaus haben wir mit Christina Reimann für die Fachberatung und Klaus Kottwitz für den Mitgliederservice zwei Bereichsleiter, die die Aufgaben in ihren Bereichen koordinieren und in enger Abstimmung mit uns stehen. Moderne IT unterstützt uns dabei, sowohl Informationsfluss als auch Projekte und Themenbearbeitung effizient zu managen. Mittlerweile erreichen uns täglich mehrere komplexe Anfragen. Da gilt es, die Übersicht zu behalten und unsere Ressourcen koordiniert einzusetzen. 

Möbus: Interessenvertretung, Fachberatung und inhaltliche Arbeit sind eng miteinander verbunden. Ein regelmäßiger Austausch mit Mitgliedern, der Politik und anderen Verbänden hält uns auf dem aktuellen Stand zu einem Thema, nah an den Interessen der Mitglieder und lässt uns jederzeit sprachfähig sein. Dafür haben wir in unserem Team viele Expertinnen und Experten, die nun in den jeweiligen Bereichen zentral koordiniert werden. 

HZ: Sie wirken wie ein eingespieltes Team...

Möbus: Das ist auch tatsächlich so. Wir arbeiten schon seit vier Jahren zusammen und ziehen immer gemeinsam an einem Strang. Jeder von uns hat seine Schwerpunktbereiche, die wir auch weiterhin vorwiegend betreuen werden – die Finanzen, das Personal und die übergreifende Verbändeentwicklung bleibt bei Lars Schmidt, die Politik und Kommunikation bei mir und bei den weiteren Bereichen stimmen wir uns eng ab.

Schmidt: Diese Aufgabenverteilung macht uns stark, flexibel und handlungsfähig. Das gilt jedoch nicht nur für uns, sondern für das gesamte Team. Schlanke Strukturen und eine enge Abstimmung vermeiden nicht nur Doppelarbeit, sondern ermöglichen uns, auf Situationen schnell und flexibel reagieren zu können. Ähnlich wie in einem Industriebetrieb haben wir uns in den letzten Jahren zunehmend auch Gedanken über Prozesse und Workflows gemacht, sind technisch auf dem neuesten Stand und die Mitarbeiter entsprechend ausgerüstet. Auch bei dem überraschenden Lockdown im Zuge der Coronavirus-Pandemie waren wir so uneingeschränkt arbeitsfähig. Schon länger arbeiten wir im Team über verschiedene Standorte hinweg und auch aus dem Home-Office heraus sehr effizient.

HZ: Wieso haben Sie diese Entscheidung mitten in der Corona-Krise getroffen?

Möbus: Wir haben den Prozess schon vor drei Jahren gestartet und sind in mehreren Schritten vorgegangen. Begonnen haben wir mit der Definition der drei Säulen unserer Arbeit: Information, Service und Interessenvertretung. Der nächste Schritt war die Stärkung der Regionen durch die Schaffung von vier Beiräten in Baden-Württemberg, Bayern, Nordwest und Nordost. Die Bandbreite unserer Themen decken wir nun über die Etablierung eines Fachpräsidiums ergänzend zum Vorstand ab. Die Umstrukturierung der Geschäftsstelle war dann der letzte Schritt, der 2020 umgesetzt wurde. Die Entwicklungen in der Coronavirus-Pandemie waren damals natürlich undenkbar. Aber es ist ja auch unsere Kernaufgabe, uns auf neue Situationen und Rahmenbedingungen einzustellen und handlungsfähig zu sein.

HZ: Seit kurzem ist der DeSH Mitglied im Hauptverband der Deutschen Holzindustrie (HDH). Wie ändert das die Aufgaben für den DeSH? Gibt es da nicht doppelte Strukturen, mit deren Abbau Kapazitäten frei werden?

Möbus: Unser Ziel war es, durch den Beitritt zum HDH die Koordination und Kooperation bei Querschnittsthemen und Aufgaben zu stärken. Da der HDH ein Verband mit starker arbeits- und tarifpolitischer Ausrichtung ist, hoffen wir, dass sich dort Synergien ergeben. Gleiches gilt für viele technische Themen, bei denen sich die Fachleute verbändeübergreifend austauschen und abstimmen. Weiteren Bedarf zur verbandsübergreifenden Arbeit sehen wir bei den Themen Förderung, Projektkoordination und Kommunikation.

HZ: In den vergangenen drei Jahren haben sich die Rahmenbedingungen für das Cluster Forst und Holz entscheidend verändert: Dürre, Stürme und Kalamitäten haben zu extremen Schäden am Wald geführt, die Coronavirus-Pandemie hat auch Teile der Sägeindustrie stark getroffen. Was haben Sie bisher erreicht und wo sehen Sie die künftigen Herausforderungen für ihre Branche?

Möbus: Der Klimawandel ist die größte Herausforderung der kommenden Jahrzehnte. Was in der öffentlichen Diskussion abstrakt klingt, ist im Cluster Forst und Holz jedoch bereits seit Jahren spürbar. Das Zusammentreffen der Corona-Krise mit den großen Kalamitäten wird das Cluster noch lange Zeit beeinflussen: Viele Waldbesitzer sind nicht mehr in der Lage, die Schäden aufzuarbeiten und Flächen wieder zu bewalden. Fehlende Lagermöglichkeiten und regionale Transportengpässe erschweren zudem den schnellen Abtransport und die Weiterverarbeitung. Auf der Seite der Holzverarbeitung zeichnet sich ein geteiltes Bild: Die Nadelholzbetriebe laufen auf Hochtouren, die Produktion und damit auch Reststoffe und Nebenprodukte sind dadurch extrem angestiegen. Die Laubholzsägeindustrie wurde demgegenüber durch Corona stark getroffen, mit der Folge, dass die Produktion dort deutlich eingeschränkt wurde. Die große Herausforderung wird die Wiederbewaldung und die Baumartenwahl sein, die neben der Standortanpassung auch immer die weiteren Verwendungsmöglichkeiten mit berücksichtigen sollte. Denn ohne die Holzverwendung werden Klimaschutzpotenziale verschenkt.

Schmidt: Das 21. Jahrhundert wird davon bestimmt werden, wie gut die Menschheit den Klimawandel in den Griff bekommt. Aber auch die Erhaltung der Artenvielfalt, der Biodiversität, ist eine der großen Aufgaben der Menschheit. Mit einer verantwortungsvollen Waldwirtschaft und nachhaltiger Holzverwendung lässt sich beides intelligent verbinden. Die Wetterextreme, wie starke Stürme, milde Winter und wenig Regen werden auch in Zukunft nicht besser. Wir müssen unseren CO2-Ausstoß in den nächsten Jahren deutlich reduzieren. Aber zur Bewältigung der Folgen des Klimawandels sind auch vorsorgliche Maßnahmen im Cluster zu treffen, damit wir nicht in jedem Jahr neu beginnen müssen. Wir benötigen ein standardisiertes und schnell greifendes Krisenmanagement. Denn Wald und Holz spielen im Kampf gegen den Klimawandel eine entscheidende Rolle als CO2-Speicher und Substitut. Leider geht das in der öffentlichen Wahrnehmung häufig unter oder wird ins Gegenteil verkehrt. Selbsternannte Waldexperten wollen sogar glauben machen, dass Waldbesitzer und Förster für den bedenklichen Zustand unsere Wälder verantwortlich seien. Doch ist es der menschengemachte Klimawandel und dessen rasante Entwicklung! Damit tragen wir alle Verantwortung für die Erhaltung unserer Wälder als Lebensgrundlage kommender Generationen. 

HZ: Bereits beim Sägewerkskongress letztes Jahr waren Vertreter der Forstpartie und aus der Sägewerksbranche einig, dass man einen gemeinsamen Krisenplan braucht und im DeSH war man sich im abschließenden Pressegespräch klar, dass man das als Arbeitsauftrag aus der Veranstaltung mitnimmt. Ist man da heute einen Schritt weiter?

Schmidt: Der DeSH hat seit 2018 Vorschläge für kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen für ein Krisenmanagement unterbreitet. Zentrale Bestandteile sind ein Monitoring und eine frühzeitige Kommunikation zu Schadgebieten, Transport und Logistik, Lagerungskonzepte und die Förderung und der Ausbau der Holzverwendung. In einigen Punkten sind wir vorangekommen: Ein Projekt zum Monitoring ist bei der FNR gestartet. Zum Thema Lagerung laufen Gespräche mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) und als bisher einziges Bundesland hat Baden-Württemberg die Förderung von Lagerplätzen für Waldbesitzer und Holzverarbeiter verankert. Zudem wurde als Konsequenz beim BMEL eine Arbeitsgruppe zum Risiko- und Krisenmanagement eingerichtet.

HZ: Was muss sich hier tun?

Schmidt: Zunächst muss ein Bewusstsein für die Branche und ihren Klimaschutzbeitrag geschaffen werden. Daraus folgt dann eine gesamtgesellschaftliche Legitimität der Waldbewirtschaftung und der Holznutzung. Gleichzeitig müssen wir es schaffen, langfristige und stabile Verwendungsmöglichkeiten auszubauen, um die Wertschöpfung im ganzen Cluster zu erhalten. Zum Beispiel geht das Laubholz in der aktuellen Diskussion vollkommen unter. Dabei ist die schwierige Situation der Laubholzsägeindustrie durch die Corona-Krise insbesondere mit Blick auf den Waldumbau sehr bedenklich. Wir brauchen daher Perspektiven für die Laubholzverwendung in Deutschland und Europa. Und das ist nicht die einzige Zukunftsaufgabe. In der Branche gibt es zahlreiche engagierte Akteure und Organisationen. Doch uns ist es bislang nicht ausreichend gelungen, nach „draußen“ im Gleichklang zu handeln und zu kommunizieren. Daher bringt die Branche ihre Leistungspotenziale noch nicht ausreichend auf den Boden.

Möbus: Wir brauchen einen konsequenten gesellschaftlichen Wandel hin zu klimafreundlichen Produkten und Prozessen. Dann kommt man an Holz nicht mehr vorbei. Dazu braucht es aber den Mut in der Politik, die Verwendung von Holz politisch voranzutreiben.

HZ: Sie spielen auf den Satz „Förderung einer modernen Holzwirtschaft einschließlich der stärkeren Nutzung von Holz als Baustoff“ im Konjunkturpaket der Bundesregierung an?

Möbus: Genau, darüber haben wir uns natürlich sehr gefreut. Im Holzbau wurden die Klimaschutzpotenziale bereits erkannt und es gibt in Bund und Ländern über alle Fraktionen weitgehende Einigkeit, das Bauen mit Holz auch zu fördern. Ein ähnliches Bekenntnis würden wir uns auch bei dem Einsatz von Holzverpackungen und natürlich bei der Holzenergie wünschen. Denn Klimaschutz, Kreislaufwirtschaft und wirtschaftliche Stabilität müssen gemeinsam die Eckpfeiler der künftigen Entwicklung bilden.

Schmidt: Holzprodukte aus unserer heimischen, ökologisch ausgerichteten Waldwirtschaft können dauerhaft im internationalen Wettbewerb und gegenüber Konkurrenzwerkstoffen nur bestehen, wenn wir Effizienzpotenziale ausschöpfen und nicht durch unverhältnismäßig viele Vorgaben belastet werden. Die Säge- und Holzindustrie ist innerbetrieblich im Sinne der Industrie 4.0 sehr gut aufgestellt, nun gilt es übergreifend, zu Rohstofflieferanten, Kunden und Dienstleistern „externe“ Datenschnittstellen auszubauen. Auf diesem Weg wollen wir auch kleinere Unternehmen mitnehmen.

HZ: Und was sind künftige Arbeitsschwerpunkte für den DeSH?

Schmidt: Wie eingangs erwähnt, hat sich die Sägeindustrie in den letzten Jahren gewandelt. Der DeSH ist damit von einem „Sägerverband“ hin zur Interessenvertretung der Säge- und der Holzindustrie geworden. Wir haben mittlerweile Mitglieder, die nicht mehr sägen, sondern ausschließlich in der Weiterverarbeitung tätig sind – von spezialisierten Holzbauprodukten bis zu Pellets. Dieser Trend wird sich vermutlich fortsetzen. Darauf haben wir mit unserer neuen Struktur schon reagiert und werden das auch in unserer internen und externen Kommunikation umsetzen. Zeitgleich wollen wir aber auch die Zusammenarbeit und Kooperation mit den weiteren Verbänden im Cluster stärken und ausbauen.

Möbus: Die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, die Präsenz in den digitalen Medien, unser Image als Vertretung der Säge- und Holzindustrie und auch als CO2-neutrale Branche sind Bereiche, die wir weiterentwickeln wollen. Ebenso wird ein Schwerpunkt auf der politischen Interessenvertretung unserer Themen liegen – vom Holzbau über die Holzenergie bis hin zur Bioökonomie. Da sind künftig noch einige Bretter zu bohren.

Das Interview ist am 11. September im Holz-Zentralblatt erschienen.