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"Am Markt sind heute vor allem noch Betriebe, die in Hochtechnologien investiert haben"

18.02.2020
Steven Hofer

Drohende Borkenkäferschäden infolge von Stürmen und Trockenheit bringen die Forst- und Holzwirtschaft teilweise an ihre Grenzen. Um das Holz bestmöglich zu verwerten, ist schnelles Handeln entlang der Wertschöpfungskette unabdingbar. Kalamitäten verändern dabei nicht nur die Branchenstruktur, sondern auch die Technologie. Nicht selten hängt beides miteinander zusammen, wie Steven Hofer von der BID Group am Beispiel der Bergkiefernkäfer-Plage (Dendroctonus ponderosae) in Kanada berichtet.

Steven Hofer ist Executive Vice President, Strategy & Business Development der BID Group, einem der größten nordamerikanischen Anbieter für Sägewerkstechnik. Hofer studierte an den Universitäten von Victoria und Chicago. Seine Karriere in der Forst- und Holzwirtschaft begann 1993. Im Laufe dieser war er in leitenden Positionen für verschiedene Unternehmen in Nordamerika tätig. 2017 stieß Hofer zur BID Group. Dort betreut er heute die Aktivitäten in den Bereichen After-sales Services, Digital Transformation, Controls & Automation sowie Business Intelligence.

Herr Hofer, Sie sprechen auf dem Kongress über den Einfluss von Krisen auf technische Entwicklungen. Als Aufhänger dienen die Kalamitäten infolge des Bergkiefernkäfers in Kanada. Auch in Europa leidet die Forst- und Holzwirtschaft unter Käferschäden. Lassen sich die Situationen vergleichen?

Wissenschaftlich können wir das nicht beantworten. Unserem Verständnis nach ist die europäische Situation noch immer in einem frühen Stadium, in dem sich nicht genau ablesen lässt, wie schnell sich der Borkenkäfer ausbreiten wird. In Britisch-Kolumbien hat der Bergkiefernkäfer verheerende Auswirkung auf alle Drehkieferwälder (auch Küsten-Kiefer, Pinus contorta). Die Schäden werden zu einem merklichen Rückgang der künftigen Holzernte und Produktionskapazität führen.

Wann wurden die ersten Gegenmaßnahmen getroffen?

Die Reaktion auf die Käferplage war anfänglich schleppend, da die Regierung nicht das ganze Ausmaß und die Geschwindigkeit erkannt hat. Um der Situation Herr werden zu können, mussten die Ernte-Vorschriften geändert werden. Da die Regierung von British-Kolumbien den Großteil des Waldes besitzt, dauerte das.

Welche Probleme tauchen beim Verarbeiten von Käferholz auf?

Beschädigte Stämme sind trockener als gesundes Holz, da die Bäume bereits bei der Ernte abgestorben sind. Je länger es dauert, um sie zu ernten, desto schlimmer ist es. Die häufigsten Merkmale von beschädigtem Holz sind: Bläue, Risse, Ringschäle und Fäulnis. Insgesamt ist das Verarbeiten und Sortieren von totem und trockenem Holz in allen Produktionsschritten schwieriger. Das birgt Risiken für die Qualität des fertigen Produkts. Während des Prozesses können leicht größere Risse und Brüche entstehen. Mitunter können die erst auftreten, nachdem die Bretter klassifiziert wurden. Dies führt natürlich zu Problemen mit den Kunden. Die zweite und wahrscheinlich teurere Auswirkung für ein Sägewerk ist die Betriebseffizienz. Die Handhabung und Sortierung von Käferholz führen zu längeren und häufigeren Ausfallzeiten, die sich direkt auf die Betriebskosten auswirken. Holz von sehr geringer Qualität sollte nicht verarbeitet werden und müsste in jedem Produktionsschritt aus der Produktion genommen werden, um Verluste zu vermeiden. Mit höheren Betriebskosten und einem niedrigeren Produktionswert ist es schwierig, gute Ergebnisse zu erzielen. In Kanada mündete dieser Umstand in unterschiedliche Investitions- und Marktstrategien.

Welche technischen Entwicklungen hat die Käferplage beeinflusst?

Bei Comact haben wir neue Scanner entwickelt, mit denen Fehler an den Stammenden und -seiten lokalisiert werden können, um die primäre Aufteilung des Stammes zu optimieren. Zudem welche für Besäumung und Trimmen. Außerdem haben wir die automatisierte optische Sortierung in der Hobelanlage vorangetrieben. Diese Scanner mussten leistungsstärker sein als die erste Generation. Zum einen wurde hierfür die Hardware aufgewertet. Am wichtigsten war jedoch die Software. Unsere Programme haben sich in den letzten Jahren rasant weiterentwickelt. Wir verwenden jetzt die besten betriebsangepassten KI-Techniken. Wir haben die Lösungen in Werken implementiert, die Käferholz verarbeiten. Die Ergebnisse sind beeindruckend.

Haben sich die Technologien selbst am Markt etabliert?

Wir haben schon 2008, also zu einem frühen Zeitpunkt der Wirtschaftskrise, sehen können, dass große Investitionen überwiegend von den Sägewerken getätigt wurden, die Käferholz verarbeiteten. Diese suchten nach geeigneten Technologien, um das Schadholz bestmöglich zu verwerten. Zum Beispiel brauchten die Betriebe Produktionslinien mit genaueren Holzscannern. Werke, die bis dato noch nach manueller Sichtmethode sortieren, mussten überhaupt erst welche implementieren. Für das menschliche Auge ist es schlicht unmöglich, Käferholz in dieser Geschwindigkeit zu beurteilen.

Die Plage war eine intensive Zeit, in der wir unsererseits alle notwendigen Anstrengungen unternommen haben, um schnell zu reagieren und uns auf Veränderungen einzustellen. Wir sehen uns als Partner unserer Kunden und möchte diese in der Krise unterstützen. Hierfür bieten wir Produkte, mit denen Holz bestmöglich verwertet werden kann. Heute ist Comact der führende Optimierungsanbieter in den käferbefallenen Regionen.

Hat die Holzwirtschaft in Kanada während der Krise politische Unterstützung erhalten?

Ja, sobald die Auswirkungen der Käferplage vollständig erkannt wurden, hat die Branche starke politische Unterstützung erfahren. Dies beinhaltete sowohl Änderungen der Vorschriften für die Holzernte als auch Marktentwicklungsmöglichkeiten für Produkte aus Schadholz.

Wie ist die Situation heute? Wie hat der Bergkiefernkäfer die Branche verändert?

Die Verarbeitung von Bergkiefernkäferholz liegt nun hinter uns. Das noch im Wald verbliebene Holz ist nicht mehr kommerziell verwertbar. Auch wenn die Aufarbeitung zurückliegt, hat unsere Branche noch mit den Auswirkungen zu kämpfen. Überkapazitäten führten zu Betriebsstilllegungen und verschärfter Konkurrenz. Am Markt sind heute vor allem noch Betriebe, die in Hochtechnologien investiert haben. Unternehmen, die größere Investitionen getätigt haben, sind nach wie vor stark und haben wettbewerbsfähige Produktionskosten.

Hat die Plage den Umgang mit Krisen verändert?

Da unsere Branche natürliche Ressourcen verarbeitet, sind wir nie vor neuen Krisen gefeit. Infolge der Kiefernschäden im Westen Kanadas ist dort nun die Fichte exponierter und gefährdeter. Leider gibt es tatsächlich einen Befall mit Borkenkäfern, der sich in dieser Region noch in einem frühen Stadium befindet. Mit der modernen visuellen Sortierung und KI-Technik sind Werke, die unsere Scanner besitzen, im Schadfall zumindest für die Verarbeitung dieses Holzes sehr gut vorbereitet.