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Sägewerkskongress: Sind Veredelung, entfernte Märkte oder situative Mengenpufferung die Lösung für den Sägenebenproduktemarkt?

01.12.2016
Carsten Merforth

Dr. Carsten Merforth ist Inhaber der merforth.holzindustrie.consulting und Abteilungsleiter „Wertschöpfung Holz“ bei UNIQUE forestry and landuse GmbH Freiburg. Auf dem Sägewerkskongress 2017 hält er einen Impulsvortrag im Panel Sägenebenprodukte. Im folgenden Interview erörtert er aktuelle Fragen zum Thema.   

Die Preise für Sägenebenprodukte (SNP) sind in den letzten Monaten extrem eingebrochen – wo sehen Sie die Hauptgründe hierfür und welche Betriebe sind besonders betroffen?

In den Zeiten extrem hoher Preise für Restholz in 2013 haben die Abnehmer begonnen, alternative Lieferketten zu entwickeln. Durch Importe von Hackschnitzeln und Industrieholz aus Großbritannien, aber vor allem aus Skandinavien und dem Baltikum, konnte der Druck aus dem Markt genommen werden. Desinvestitionen hatten dort entsprechende Mengen freigesetzt für alternative Ziele. Die deutsche Sägeindustrie hat seitdem weiter auf sehr hohem Niveau produziert und damit beginnend im Sommer 2013 ein erhebliches Überangebot an Restholz erzeugt. Dadurch kam es zu dem erheblichen Preisverfall im Restholz. Spätestens im März 2014 war der Verkäufermarkt zu einem Käufermarkt geworden. Durch den milden Winter war die Pelletindustrie als Abnehmer geschwächt, die Lager waren voll. Sägewerke mussten selber erhebliche Mengen an Restholz einlagern, ein Lagerabbau auf dem Spotmarkt war nur mit Preisabschlägen möglich. Produktionsstillegungen und Werksschließungen bei wichtigen Abnehmern im Bereich TMP, Zellstoff und Holzwerkstoffindustrie haben die Verkäuferseite weiter geschwächt. Exporte in benachbarte Länder konnten auch keine Entlastung bringen, weil die Situation dort ähnlich war. Die Holzwerkstoffindustrie wiederum ist generell kleiner geworden und kann mit alternativen Rohstoffen wie Altholz und Industrieholz den Restholzeinsatz steuern.

Im Grunde hat sich seitdem nichts Wesentliches geändert, um die Situation für die Säger positiv zu verändern. Ein weiterer milder Winter hat wieder wenig Schwung in die Pelletabsätze gebracht, die „German Pellets“-Insolvenz führte zu starken temporären Minderabnahmen. Die Importlieferketten großer Hackschnitzel- und Industrieholzkunden sind mittlerweile gut etabliert und machen diese weniger abhängig vom deutschen Restholzmarkt. Und die Sägeindustrie produziert Quartal für Quartal größere Mengen und entspannt die Lage auf dem Restholzmarkt damit nicht aktiv.

Betroffen von der Preisproblematik im Restholz sind grundsätzlich alle Sägebetriebe, die keine eigene Verwertung von Restholz haben und daher nicht mit Make-or-buy Entscheidungen optimieren können. Alternativ haben Betriebe mit ausgeprägten Exportlieferketten Chancen, Restholz aus den engen Märkten zu verschieben und dem Preisdruck auszuweichen.

Welche Preisentwicklung erwarten Sie für die nächsten Monate und warum?

Im Bereich Hackschnitzel sehe ich keine gravierenden Preisänderungen für die kommenden Monate. Solange auf Sägerseite keine wesentliche Mengenänderung durch Produktionseinschränkungen oder Werksschließungen eintritt, wird sich dort nicht viel bewegen. Die von den Abnehmern etablierten Ausweichlieferketten funktionieren. Im Sägespan wird vieles von der Entwicklung des Winters und der Produktion der Pelletindustrie abhängen, momentan stehen die Zeichen auf stabilen oder leicht steigenden Preisen. Durch die Angleichung der Preise von Sägespan und Hackschnitzel kann hier in gewissem Umfang auch ein Mengentausch mit egalisierenden Preiseffekten erfolgen.

Müssen die Unternehmen der Sägeindustrie bei der Produktion von SNP grundsätzlich gegensteuern, um weiterhin erfolgreich am Markt zu bestehen? Und wenn ja: Welche Möglichkeiten sehen Sie?

Der Umsatzanteil der Sägenebenprodukte ist mit um die 12 Prozent in der Sägeindustrie erheblich. Bei den geringen Margen der Sägewerke entscheidet der Restholzpreis bei vielen Betrieben über positives oder negatives Ergebnis, die Relevanz der Thematik und der Zwang zum Gegensteuern ist offensichtlich. Die Sägenebenprodukte fallen bei der Schnittholzproduktion an, eine Marktentlastung durch Reduktion der Angebotsmenge kann nicht über eine einseitige Angebotsverknappung ohne Rücknahme der Produktion des Schnittholzes erfolgen.

Möglichkeiten zum Gegensteuern sehe ich in drei Bereichen: die eigene Veredelung von Restholz ist die eine, naheliegende. Allerdings sind die bekannten Produktmärkte besetzt und daher schwierig zu betreten, zudem haben derzeit nicht alle Betriebe die Kraft, relevante Investitionen zu stemmen. Hier wären Gedanken über weitere intelligente, stoffliche Verwertungen ihrer Reststoffe hilfreich. Zwei weitere, kombinierbare Möglichkeiten sind im Prinzip von der Abnehmerseite vorgelebt: Ausweichen auf entfernte Märkte und situative Mengenpufferung. Die Säger sollten nachdenken, sich ähnlich wie große Abnehmer in Kooperationen zu organisieren, um ein spürbares Gegengewicht zu den starken und großen Marktpartnern zu bilden. Gebündelte Mengen können in längerfristigen Verträgen gemeinsam angeboten werden. Mengen können aus verschiedenen Lägern der Kooperationspartner geliefert werden – je nachdem, wo der Druck am Lager am höchsten ist. Das minimiert das Risiko, bei Overflow der Läger die Produktion reduzieren zu müssen. Als Kooperation kann dann auch mal gemeinsam ein Schiff bei zu viel Menge nach Übersee verschifft werden, um aktiv Mengen zu puffern.

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12. Internationaler Kongress der Säge- und Holzindustrie & 4. AGR Rohstoffgipfel

12.-13. Januar 2017 in Berlin
www.saegewerkskongress.de