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Ausblick Sägewerkskongress: "2025 werden Sie vermutlich mehr Arbeitszeitmodelle als Mitarbeiter haben."

06.02.2018
Mathias Haas - DER TRENDBEOBACHTER

Die Zeichen der Holzbranche stehen auf Veränderung: nach Weltwirtschaftskrise, schwieriger Rohstoffversorgung und angespannter Ertragslage bietet die aktuelle Marktentwicklung vielfältige Chancen und Potenziale. Doch welche Weichen gilt es zu stellen? Unter dem Motto Holzindustrie 2025 – Erfolgsfaktoren für ein nachhaltiges Wachstum möchten wir dieser Frage beim Sägewerkskongress am 14. und 15. März 2018 in Würzburg nachgehen. Vorab stellen wir Ihnen einige Referenten und Diskutanten im Kurzinterview vor.

Mathias Haas, DER TRENDBEOBACHTER aus Stuttgart

Der Betriebswirt begleitete als Marketing- und Vertriebsleiter die Neueinführung hunderter Produkte und Dienstleistungen. Seine Erfahrung und Neugierde trieben ihn schließlich an, Trends weltweit nachzuspüren. Haas berichtet im kurzweiligen Infotainment-Stil von seinen Beobachtungen und erzählt lebhaft von Begegnungen mit Wissenschaftlern, Entscheidern und Wirtschafts-Pionieren.

Internetseite von Mathias Haas: www.trendbeobachter.de

Mathias Haas spricht zum Auftakt des Internationalen Kongresses der Säge- und Holzindustrie am 14. März um 16:30 Uhr.

Herr Haas, Sie legen Wert auf die Bezeichnung Trendbeobachter. Was unterscheidet Ihren Blick von dem eines Zukunftsforschers?

Ich glaube nicht, dass man die Zukunft systematisch und fundiert erforschen kann. Als Trendbeobachter verfolge ich daher bewusst einen pragmatischen Ansatz. Es geht nicht um Szenarien im Jahr 2040 oder 2050, sondern um Strömungen und Technologien der Gegenwart.

In den Medien ist vielfach von Megatrends die Rede. Können Sie uns den Unterschied zu Trends und Moden erklären?

Moden sind sehr kurzfristig. Trends können durchaus Jahre dauern, sind meist aber auf bestimmte Bereiche begrenzt. Megatrends hingegen sind eine Kombination aus neuen Technologien und neuem Verhalten. Sie prägen ganze Dekaden und werden nicht mehr verschwinden. Megatrends sind folglich eine Art Entwicklungsstufe der Gesellschaft. Während die aktuelle Modefarbe einem Sägewerk also herzlich egal sein kann, ist die Verweigerung eines Megatrends wie Digitalisierung oder Internet of Things (IOT) unternehmerisch tödlich.

Wie und wo werden diese Trends gesetzt?

Der Ursprung liegt immer im Neuen. Das können Technologien oder Denkmuster aus der Wissenschaft oder Wirtschaft sein. Wer später als Trendsetter durchkommt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Ohne Medien und Reichweite geht es jedenfalls nicht. Und da ist es entscheidend, zu euphorisieren. Wenn man selbst nicht die Power hat, Innovationen zu entwickeln, ist es clever, auf Trends aufzuspringen, sie zu spezifizieren und mit Begriffen zu spielen. Mit dem Schlagwort Digitalisierung im Sägewerk locken Sie beispielsweise niemanden mehr hinterm Ofen hervor.

Wieviel Zukunft steckt bereits in der Gegenwart?

Jede Menge. Wenn ich in meinen Vorträgen schildere, welche Verfahren heute schon in Teilen der Welt genutzt werden, klingt das – mit Verlaub - für die meisten Zuhörer hierzulande wie die Zukunft. Da ich aber stets Exponate mitbringe, wird für jeden sichtbar, welche Produkte und konkreten unternehmerischen Möglichkeiten sich daraus ergeben.

Klingt, als sei man in Deutschland bereits einen Schritt zu spät.

Die Tendenz besteht, ja. Der Mensch bewegt sich eben oftmals erst, wenn er sieht, was man bewegen kann. Vieles geschieht derzeit im Silicon Valley aber auch in Asien. Entsprechend wichtig ist ein unternehmerisches Trendradar. Betriebe sollten nicht warten, bis Techniken zum Standard gehören, sondern sich möglichst früh fragen, wie Innovationen sie voranbringen können.

Haben Sie eine Erklärung für die Angst vieler Menschen vor Veränderung?

Wir sind Teil einer Wohlstandsgesellschaft. Entsprechend haben wir eine große Fallhöhe. Die Weltbevölkerung attestiert uns Deutschen mit den Begrifflichkeiten German Angst und German Assertiveness, eine gewisse Zögerlichkeit und Überheblichkeit, die offenbar kulturell gewachsen ist. Die Mischung ist meiner Meinung nach brandgefährlich. Im Moment leben wir auf Basis der Substanz! Wir sind mittlerweile eine der ältesten Bevölkerungen der Welt. Sich die nächsten zwanzig Jahre auf den Errungenschaften der Vergangenheit auszuruhen, wäre angesichts prosperierender Nationen wie China hochgradig fahrlässig. Egal, wo die Angst herrührt, man sollte sie besser ablegen.

Wie kann das gelingen?

Indem man sich klarmacht, dass die Zukunft gar nicht so kompliziert ist: Wie bei den meisten Dingen im Leben, muss man Wissen anlesen, austesten und vor allem mit Menschen darüber sprechen. Die Entwicklung, von der wir reden, dauert 10, 20, 30 Jahre. Das heißt, Unternehmer müssen nicht heute Nacht alle Probleme lösen. Schritt für Schritt müssen sie es aber! Auf persönlicher Eben kann es hilfreich sein, die eigenen Bedenken zu relativeren. Meine Großmutter hatte beispielsweise Angst vorm Zug… Die künftige Generation wird unsere Furcht vor Facebook vermutlich ähnlich belächeln. Wichtig ist, die Angst zu hinterfragen und sie nicht als Vorwand für Bequemlichkeit zu nutzen.

Wird künftig jedes Unternehmen einen Zukunftsbeauftragten benötigen?

Nein, wenn Sie sich als Geschäftsführer eine Stunde in der Woche aus dem Tagesgeschäft rausziehen und mit der Zukunft auseinandersetzen, stehen die Chancen gut, dass Ihr Unternehmen sich positiv entwickelt. Zumindest werden Sie nie in einen Panikmodus verfallen. Wenn Sie sich im Umkehrschluss nicht mit dem Morgen beschäftigen, werden Sie ziemlich sicher unter Druck geraten und eines Tages vor vollendeten Tatsachen stehen.

Trendbeobachtung in der Holzindustrie - wie kann das praktisch aussehen?

Die Stunde sollte genutzt werden, um über die Branche hinauszublicken. Die direkte Konkurrenz ist oftmals nicht die Benchmark in Sachen Zeitgeist. Was schätzen die Menschen an Amazon? Welcher Service überzeugt die Gäste eines Viersternehotels? Das sind die Fragen, die man stellen sollte. Das Dienstleistungsniveau in der Welt steigt von Tag zu Tag. Wenn der B2B-Lieferant das nicht auch hinbekommt, hat er ein Zukunftsproblem. Über den Preis kann man hierzulande bekanntermaßen nicht gehen. Das heißt, Sie müssen die komplexen Themen lösen.

Personal, Digitalisierung, Technik. Was sind die Stellschrauben für Erfolg?

Wer diese Faktoren separiert, hat Nachholbedarf in Sachen Zukunft. Das verbindende Element und die Basis für unternehmerischen Erfolg werden Daten sein. Entweder um Kosten zu vermeiden oder um Geld zu verdienen. Das gilt auch für das produzierende Gewerbe und auch für die Verarbeitung eines natürlichen Rohstoffs. Erfolg wird in der Sägeindustrie künftig nicht von der produzierten Schnittholzmenge abhängen, sondern von der Intelligenz dahinter. Wenn Sie Weihnachtskarten beispielsweise noch immer über 14 Excelsheets verschicken, sollten Sie sich langsam Gedanken über eine Datenkultur machen.

Der Sägewerkskongress möchte ins Jahr 2025 blicken. Was sehen Sie?

Wir werden 2025 Menschen haben, die Technik noch mehr akzeptieren als heute. Mobile Geräte sowie das Internet of Things (IOT) werden mindestens die Normalität sein. Sicher werden auch Chips am oder im Körper existieren. Wo es für Menschen sinnvoll erscheint, werden sie sich gegenüber maschineller Unterstützung öffnen, beispielsweise bei der Muskelkraft. Als Unternehmer werden Sie 2025 ziemlich sicher schickere Räumlichkeiten haben und Ihren Mitarbeitern mehr Freiheiten einräumen. Vermutlich haben Sie dann sogar mehr Arbeitszeitmodelle als Mitarbeiter. Andernfalls werden Sie das Nachsehen gegenüber der Konkurrenz haben. Vor allem hoffe ich aber, dass 2025 auch der ländliche Raum über den Netzstandard der 5. Generation (5G) verfügen, sonst reden wir von der Zukunft als Dystopie. Dieser Rückstand muss in Deutschland zwingend aufgeholt werden.