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Holzwirtschaft könnte Qualitäten offensiver vermarkten

20.12.2016

Der Architekt Peter Haslinger (Architekturbüro ZONE 29) ist auch Dozent an der Leibniz Universität Hannover, wo er angehende Architekten in „Entwerfen und Gebäudelehre“ unterrichtet. Er freut sich über wachsendes Interesse am Baustoff Holz an der Universität und über das zunehmend positives Image des Holzbaus im urbanene Kontext. 

Welche Trends und Entwicklungen in den Bereichen Wohnraumbedarf und Bauen beobachten Sie derzeit und welche Rolle spielt der Holzbau dabei?

Der zuvor stiefmütterlich behandelte soziale Wohnungsbau ist aufgrund benötigter Unterkünfte für Geflüchtete wieder in den Fokus gerückt. Damit verbunden ist die generelle Frage, wie finanzierbarer Wohnraum für einen Großteil der Bevölkerung geschaffen werden kann. Im sozialen Wohnungsbau wird aktuell viel Geld investiert und Holz ist in diesem Zusammenhang ein spannender Baustoff. Barbara Hendricks, die Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, will diesbezüglich die Baugesetze ändern, damit zum Beispiel Potenziale bei der Aufstockung ausgeschöpft werden können. Die Studie der TU Darmstadt spricht von bis zu 1,5 Millionen Wohneinheiten an Potenzial an Aufstockungen auf Häuser in Deutschland, oftmals von Wohnungsbau-Genossenschaften aus den 1950er Jahren. Auf den hohen Vorfertigungsgrad dieser Gebäude lässt sich mit Holzbaukonstruktionen gut reagieren, ich sehe in diesem Bereich ein riesiges Potenzial für den Holzbau. Was ich ebenfalls positiv bemerke: Die Meinung zu Holz als Baumaterial im städtischen Kontext wird hierzulande positiver. Bislang wurde Holz dabei nicht so ganz ernstgenommen – im Gegensatz zu Österreich oder der Schweiz, wo es entsprechende Bautraditionen gibt. Zum besseren Image haben sicher positive, mehrgeschossige Leuchtturmprojekte in Städten wie Berlin oder München beigetragen. Vielleicht könnten die Holzbau-Verbände die Vorurteile gegenüber dem Bauen mit Holz weiter abbauen, indem sie klare Vorteile wie die CO2-Neutralität des nachwachsenden Rohstoffes oder die Folge eines guten Raumklimas offensiver herausstellen.

Mit welchen Mitteln kann die Holzindustrie dafür sorgen, diese Vorteile von Holz als Baustoff in einen vermehrten Einsatz in der Praxis im Bau umzumünzen?

Hier lässt sich auf verschiedenen Ebenen ansetzen. Ich sehe Optimierungsbedarf bei den Normen eingesetzter Holzprodukte, die es zu vereinheitlichen gilt. Zudem muss die Qualität des Baustoffs als Teil einer Vermarktungsstrategie stärker herausgestellt werden. Außerdem sollte die Holz- und Sägewirtschaft Leuchtturmprojekte fördern. Die aktuelle Ausstellung in Berlin ist zum Beispiel ein guter Schritt, um Fachleuten und Laien vor Augen zu führen, was mit Holz als Baustoff möglich ist. Ich gehe da auch mit meinen Architekturstudenten hin, weil das ihren Horizont erweitert. Die meisten Leute haben eine positive Grundhaltung gegenüber Holz. Daran kann man anknüpfen. Die Holzwirtschaft sollte dabei betonen, dass es sich um einen qualitativ hochwertigen Baustoff handelt, der eben auch nicht immer billig ist.

Welche Rolle spielt das Bauen mit Holz in bauspezifischen Studiengängen - heute und in Zukunft?

Der Holzbau spielt im Architekturstudium eine Rolle, wenn es um Baukonstruktion geht. Im Entwurfsbereich gibt es kaum baumaterialspezifische Entwürfe. Die Studierenden wählen ein passendes Baumaterial für ihre Projekte aus. Sie sind nach meiner Erfahrung sehr interessiert am Baustoff Holz und seinen Möglichkeiten, dabei stehen nicht nur die technischen und nachhaltigen Potentiale im Fokus, sondern vor allem die Gestalterischen Möglichkeiten. Im Zuge eines Forschungsprojektes für den Entwurf von Gebäuden für Studierende und Geflüchtete haben sich viele unserer Studierenden an der Leibniz Universität Hannover in ihren Entwürfen für den Holzbau entschieden und sich intensiv damit beschäftigt. Der hohe Vorfertigungsgrad, das geringe Gewicht und der hohe Wohnkomfort bieten einen Vorteil gegenüber Standardlösungen. Sie wissen aber oft nicht viel über die bauspezifischen Einsatzmöglichkeiten. Da gibt es auf jeden Fall Verbesserungsbedarf in der akademischen Ausbildung. Positiv ist, dass sich auch die Assistenten an der Universität immer intensiver mit Holz und seinen Potenzialen befassen. Aktuell setzen wir im Büro selbst ein betreutes Wohnbauprojekt in Holzbauweise um. 

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12. Internationaler Kongress der Säge- und Holzindustrie & 4. AGR Rohstoffgipfel
12.-13. Januar 2017 in Berlin
www.saegewerkskongress.de